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  • AutorenbildFabian Kremser

Leistungsdiagnostik: Regelmässig, oder…

Schon seit einiger Zeit ist Leistungsdiagnostik im Labor nicht mehr nur den absoluten Spitzenathletinnen und -Athleten vorbehalten. Auch verhält es sich bei Weitem nicht mehr so, dass man nur in Kliniken oder medizinischen Laboren zu sportbezogenen Tests kommt. Wir unterhalten uns in diesem Artikel darüber, weshalb die Labordiagnostik auch im Breitensport ihre Berechtigung hat und weshalb es sinnvoll ist, sie nicht nur einmal im Jahr anzuvisieren.

Um hervorzuheben, weshalb die Diagnostik im Labor auch in Zeiten von künstlicher Intelligenz und sogenannten «intelligenten» Trainings-Apps nicht überflüssig ist, müssen uns zunächst ganz kurz mit dem Thema befassen, was denn eine Diagnostik überhaupt ist.


Leider besteht auch in diesem Bereich ein sprachliches Problem. Es gibt eine relativ allgemeine Definition des Begriffs:


Die Leistungsdiagnostik im Sportbereich umfasst Untersuchungs- und Testverfahren, die Auskunft über den aktuellen Gesundheitszustand, die Belastbarkeit und den Leistungsstand eines Sportlers geben.


Damit wird klar, dass man mit «Diagnostik» auch ganz einfach Methoden und Verfahren bezeichnen kann, die vielleicht Aufschluss über einen einzelnen Aspekt der Leistungsfähigkeit geben, dabei jedoch ein absolut essenzielles Thema vollends aussen vor lassen. Und zwar die Frage danach, WIE der Körper die entsprechende Leistung erbringt.


Genau das ermitteln wir in unserem Labor: mit Hilfe der Spiroergometrie messen wir unter Belastung jeden einzelnen Atemzug, der anschliessend mit der modernsten Technologie analysiert und ausgewertet wird. Dabei sind zwei Dinge sehr wichtig:


1. Reproduzierbarkeit: der Test muss unter gleichen Bedingungen und mit den gleichen Vorgaben wiederholt werden können.

2. Ausreichend lange Belastung: der Körper braucht Zeit, um auf Belastung zu reagieren. Gibt man ihm die nicht, verfälscht das die Resultate.


Findet die Diagnostik in einem Labor statt, ist der erste Punkt meist gut erfüllbar. Bei der Art des Testings gehen allerdings die Meinungen auseinander und es stellt sich oft die Frage, ob nun ein sogenannter Rampen- oder Stufentest «besser» sei.


Bei einem Rampentest wird die Belastung tief angesetzt und anschliessend in sehr kleinen Schritten sehr schnell erhöht. Man beginnt z.B. bei einer Einstiegslast von 50 Watt (auf dem Fahrrad) und erhöht die Leistung dann alle 6 Sekunden um 5 Watt. So ist man also nach 1min bei 100 Watt, nach 2 bei 150, nach 3 bei 200… und so weiter. Da die Leistung so schnell steigt, kommt man meistens an sehr hohe Zahlen heran, da der Körper nicht ermüdet und nur die Kraft auf den Pedalen wichtig ist.


Beim Stufentest dagegen wird ebenfalls mit tiefer Last begonnen, dann aber in zuvor festgesetzten Zeitintervallen um eine ebenfalls zuvor festgelegte Leistung gesteigert. Ein bewährtes Protokoll sind hier die Stufendauer von 3min und die Steigerung der Leistung um jeweils 30 Watt.


Die Unterschiede zwischen den beiden Verfahren sind gross: bei einem Rampentest wird man in jedem Fall die höhere Endleistung erreichen als beim Stufentest. Aus diesem Grund sind einige der Ansicht, dass sich das Verfahren besser eignet, um die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität VO2Max zu messen. Vergleiche haben jedoch wieder und wieder gezeigt, dass die MENGE an Sauerstoff, die der Körper aufzunehmen vermag, beim Stufentest oft sogar noch ein wenig höher liegt als beim Rampentest. Nur die Leistung, bei der das Maximum erreicht wird, ist regelmässig tiefer.


Das liegt vor allem daran, dass der Stoffwechsel unter Belastung (dazu gehört auch der Sauerstofff-Austausch) immer eine gewisse Zeit braucht, um zu reagieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von Sauerstoffkinetik oder auch der metabolischen Antwortzeit. Diese ist nicht nur enorm wichtig, um einzuschätzen, wie gut eine Athletin oder ein Athlet trainiert ist, sondern auch um zu bestimmen, wie gesund sie oder er ist und wie lange die entsprechenden Trainingszeiten bei den verschiedenen Intensitäten sein müssen (oder dürfen), um die richtigen Reize zu setzen.

Damit dieser Wert aber ermittelt werden kann, muss sich der Körper für eine gewisse Zeit bei gleichbleibender Intensität bewegen.


Das heisst, dass wir bei einem Rampentest zwar die maximale Leistung ermitteln können, die auf die Pedale gebracht werden kann, nicht aber zuverlässig, wie der Stoffwechsel arbeitet. Dadurch, dass die Leistung so schnell gesteigert wird, «hinkt» der Metabolismus immer hinterher, was zu massiven Fehlwerten führen kann. Z.B. beim Ermitteln der maximalen Fettverbrennung: gibt der Ergometer vielleicht gerade 250 Watt vor, kann es sein, dass der Stoffwechsel erst bei einer Funktion angelangt ist, die tatsächlich bei 120 Watt aktuell wäre. Das Resultat ist ganz einfach: die Leistungsbereiche zeigen nicht an, was wirklich im Körper passiert, das Training ist anschliessend zu intensiv und das Resultat langfristig Raubbau oder Übertraining.


Exakt dieses Problem ergibt sich auch, wenn man die Trainingsbereiche aufgrund einer einzelnen Schwellenleistung bestimmt. Ob man nun auf Basis einer funktionellen Leistung (FTP) oder einer tatsächlich gemessenen, anaeroben Schwelle arbeitet, spielt dann sofort keine Rolle mehr: da z.B. der Basisbereich immer die gleiche Prozentzahl der Schwelle umfasst, wird er sich nur verändern, wenn auch besagte Schwelle nach oben oder nach unten geht. Und wie der Mensch eben so denkt, werden hier nur grössere Zahlen als «Fortschritt» anerkannt.


Wie kommt es aber, dass dann doch so viele der Top-Sportlerinnen und -Sportler nach diesen Zahlen arbeiten?


Die Antwort darauf ist einfach: diese Berechnungen und Zahlen entsprangen ja nicht der Fantasie, sondern basieren auf Laborwerten, die verglichen und ausgewertet wurden. Da jedoch die Referenzgruppen hierzu in den allermeisten Fällen aus männlichen Top-Athleten im Alter von vielleicht 25 bis 38 Jahren bestanden (und bestehen!), also jener Zielgruppe, die in den letzten 20-30 Jahren regelmässig in Laboren getestet wurde, treffen so ermittelte Zahlen in erster Linie auf exakt diese Demografie zu: Austrainierte, junge, männliche Top-Athleten. Also vielleicht 0,5% aller Athletinnen und Athleten in einer Sportart…


Dass aus diesen Zahlen auch pauschale Aussagen über die physiologischen Funktionen im Breitensport nahezu fahrlässigen Charakter haben, sehen wir regelmässig in unserem Labor: wie viele Altersklassen-Athletinnen und -Athleten nahe am oder bereits im Übertraining sind, ist erschreckend.


Aus diesem Grund vertreten wir die Ansicht, dass es sich gerade im Breitensport lohnt, dem Labor regelmässig einen Besuch abzustatten und dort messen zu lassen, was im Körper vor sich geht. Und mit «messen» meinen wir ganz konkret: Spiroergometrie. Denn auch wenn im Bereich der künstlichen Intelligenzen oder der Laktatmessungen in den letzten Jahren enorme Fortschritte erzielt wurden, ist die Problematik hier exakt die Gleiche: die Referenzgruppen bestehen aus Top-Athleten (nach wie vor meist männlichen Geschlechts), deren Körper nun einmal grundlegend anders arbeitet als diejenigen der grossen Masse.


Welcher Vorteil ergibt sich aus einer Labordiagnostik?


Wird mit den Werten richtig umgegangen, kann man sie aktiv dazu nutzen, den Körper auf allen Ebenen zu trainieren. Ein besser ausgebauter Grundlagenbereich zum Beispiel lässt sich so viel besser erkennen, als wenn man über Monate hinweg mit viel Mühe seine Schwellenleistung um ein paar Watt erhöht hat (was, um der Ehrlichkeit den Vortritt zu geben, in den meisten Fällen gerade auf Kosten der Basis geschieht). Auch ohne dass die Anaerobe Schwelle jedes Mal weiter steigt, lässt sich erkennen, ob der Körper mehr (oder weniger) Sauerstoff aufnimmt, ob er diesen auch verwerten kann (beim Vergleich der Äusseren und der Inneren Atmung wird sehr schnell deutlich, dass eine hohe VO2Max noch lange keine Garantie für eine gute Fettverbrennung ist) und wie sich die Leistungsfähigkeit auf das Herz und den gesamten Kreislauf auswirkt.


Bei all diesen Dingen ist vor allem eines sehr wichtig: trainiert man richtig, verändern sich die Leistungsbereiche beständig. Je nach Konsequenz und Struktur des Trainings kann man davon ausgehen, dass die gemessenen Bereiche zwischen 10 und 12 Wochen aktuell sind, danach kann man sich nicht mehr darauf verlassen. Die Idee, zu Beginn einer Trainingsphase eine Diagnostik zu machen, um anschliessend die Bereiche für das ganze Jahr zu kennen, ist in etwa so effizient, wie zu Beginn einer Seereise die Position des Schiffes zu bestimmen und dann der Sonne nachzusegeln, in der Hoffnung, dass das Wetter gut bleibt…


Was zynisch klingen mag, birgt jedoch ein grosses Problem in sich: Das Bewusstsein um diese Dinge hat im Breitensport noch nicht wirklich Fuss gefasst. Zwar verwenden wir seit Jahren schon exakt das gleiche Material wie die Elite, doch dass uns unterdessen auch die gleichen Methoden frei zugänglich sind, welche von der Elite genutzt werden, um anschliessend das ganze Equipment richtig einzusetzen, ist vielen nicht bewusst.


Das Resultat sehen wir regelmässig direkt auf unseren Bildschirmen im Labor: viele Athletinnen und Athleten sind überlastet, haben erste Anzeichen physischen Burnouts, klagen über stagnierende Leistungen.


Aus diesem Grund können wir auch dem Breitensport mit bestem Wissen und Gewissen empfehlen: nutzt die Möglichkeiten, die es unterdessen gibt, um die Funktionen eurer Körper zu messen und anschliessend entsprechend zu handeln. Und plant in euren Aufbau regelmässige Diagnostiken ein. So könnt ihr überprüfen, wo ihr gerade steht, ob ihr richtig trainiert habt, wie sich die Einheiten der letzten Wochen ausgewirkt haben und auch, wie es von da aus weitergehen soll. Ob ihr einfach gesund bleiben wollt oder ob es euer Wunsch ist, neue Bestzeiten aufzustellen, spielt dabei keine Rolle: je besser ihr euren Körper kennen lernt, desto schneller werdet ihr eure Ziele auch erreichen!


Herzlich, eure


Tricademy – School of Movement GmbH


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